Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht vertritt, dann nehmt ihn nicht auf und heißt ihn nicht willkommen, denn wer ihn willkommen heißt, macht sich mitschuldig an seinem bösen Tun.

2.Johannes 1, 10-11

Der zweite Johannesbrief gehört zu den sogenannten „katholischen Briefen“. Insgesamt gehören sieben Briefe zu den „katholischen Briefen“, die nicht an eine bestimmte Gemeinde oder Einzelperson gerichtet sind: Jakobusbrief, die beiden Petrusbriefe, die drei Johannesbriefe und der Judasbrief.
Der Begriff „katholisch“ leitet sich vom griechischen Worte „katholikos“ ab, was soviel wie „allgemein“ oder „universal“ bedeutet.

Der zweite Johannesbrief ist ein recht kurzer Brief, der vermutlich Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. verfasst wurde. Der Verfasser bezeichnet sich selbst als „der Älteste“, was traditionell auf den Apostel Johannes zurückgeführt wird. Dieser Brief richtet sich an die „erwählte Frau und ihre Kinder“, was entweder eine konkrete Person und ihre Familie oder oft als symbolisch für die christliche Gemeinde verstanden wird.

In dieser Bibelstelle werden die Gläubigen dazu aufgerufen, falsche Lehrer nicht ins Haus zu lassen und sie nicht zu grüßen. Diese Anweisung wirkt auf den ersten Blick recht hart und streng. Diese Deutlichkeit lässt keinen Spielraum zu, an der Ernsthaftigkeit zu zweifeln. Es muss wohl so ernst gewesen sein, dass diese Warnung Schutzmaßnahme für die Gemeinschaft der Gläubigen verstanden werden muss.

In der damaligen Zeit bedeutete die Aufnahme eines Reisenden ins Haus nicht nur Gastfreundschaft, sondern nach außen hin auch eine Zustimmung zu seiner Lehre oder Botschaft. Die Häuser der Gläubigen dienten oft auch als Versammlungsorte für die christlichen Gemeinden. Wer einen falschen Lehrer aufnimmt, gewährt ihm nicht nur Unterkunft, sondern unterstützt und legitimiert seine Lehren.
Auch hinter dem Gruß steckte damals mehr, als man heute denken mag. Der Gruß war damals nicht nur eine freundliche und oberflächliche Geste, sondern ein Ausdruck von Gemeinschaft und Zustimmung. Der Aufruf, solche Personen nicht zu grüßen, soll verhindern, dass man sich mit deren Lehren identifiziert oder sie in irgendeiner Weise unterstützt. Es war auch wichtig, dass durch einen Gruß nicht andere Gläubige oder Außenstehende den Eindruck gewinnen sollen, man wäre mit den Botschaften und dessen Lehren einverstanden.
Diese Verse sind Teil eines größeren Diskurses über die Bedeutung der Wahrheit und der Notwendigkeit, die christliche Lehre vor Verfälschung zu bewahren. Wir wissen auch aus anderen Quellen, dass in jener Zeit viele Bedrohungen durch gnostische Lehren oder andere Abweichungen von der apostolischen Lehre bestanden. Das machte den Jüngern Jesu viel Mühe, die junge Gemeinde Gottes aufzuklären, anzuleiten und zu lehren. Oftmals auch mit vielen persönlichen Anfeindungen.

Dieser Johannesbrief schließt damit, dass diejenigen, die falsche Lehrer unterstützen, sich an deren „bösen Werken“ beteiligen. Dies unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Situation: Es geht um den Schutz der reinen Lehre und der Integrität der christlichen Gemeinschaft. Jede Abweichung von dieser Wahrheit ist eine Bedrohung für die Gemeinschaft und den Glauben.

Die strikte Anweisung, Irrlehrer nicht zu unterstützen, mag aus heutiger Sicht als intolerant erscheinen. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass diese Anweisung in einem Kontext geschrieben wurde, in dem die Einheit und der Glaube der jungen Kirche auf dem Spiel standen. Die Anweisung in diesen Versen sind ein Ausdruck der Sorge um die geistliche Gesundheit der Gemeinde und die Bewahrung der apostolischen Lehre.

Für unsere heutige Zeit können wir zusätzlich die Ermahnung ableiten, dass diese Verse die Verantwortung der Gläubigen betonen, sich von falschen Lehren und Wahrheiten zu distanzieren und nicht unabsichtlich deren Verbreitung zu unterstützen.

Die Aufforderung, falsche Lehrer nicht aufzunehmen, fordert uns dazu auf, wachsam zu sein und die Botschaften, denen wir begegnen, kritisch zu hinterfragen. Es geht letztlich darum, die Fähigkeit zu entwickeln, zwischen Wahrheit und Lüge bzw. wahrer und falscher Lehre zu unterscheiden.

Um die Wahrheit bzw. falsche Lehren zu erkennen, müssen wir zunächst die wahre Lehre kennen. Wir müssen in der Bibel forschen, beten und uns mit anderen Gläubigen austauschen, um ein tiefes Verständnis von Gottes Wort zu entwickeln. Dann können wir beurteilen, wie etwas schädlich und was Gott dienlich ist.

Manchmal können falsche Botschaften sehr emotional ansprechend sein und uns schnell zu einer Zustimmung verleiten. Immer wenn wir uns emotionell angesprochen fühlen, sollten wir kurz innehalten und prüfen, ob es vor Gott standhalten würde. Es ist wichtig, unsere Entscheidungen nicht nur von unseren Gefühlen leiten zu lassen, sondern auch unseren Verstand einzuschalten und gegebenenfalls selbstkritisch zu prüfen. Aber auch über den Verstand kann man sich selbst austricksen und auf einen falschen Weg geraten.

Es ist wichtig, immer wieder die eigene Gesinnung zu hinterfragen. Sind wir wirklich bereit, die Wahrheit anzunehmen, auch wenn sie uns unangenehm ist und unsere zuvor eingenommene Haltung widerspricht? Oder neigen wir dazu, Lehren und Botschaften zu bevorzugen, die unseren eigenen Vorstellungen entsprechen und gar nichts mehr mit unserem Christsein zu tun haben?

Ich möchte aber noch daran erinnern, dass an vielen weiteren Stellen in der Bibel ähnlich vor falschen Wegen und Verführern gewarnt wird, wie z.B.

  • Sprüche 1, 10: „Mein Sohn, wenn dich die Sünder locken, so folge ihnen nicht.“ Diese Worte erinnern uns daran, wie leicht es ist, verführt zu werden, wenn wir den falschen Vorbildern folgen. Es ist oft bequemer, sich der Mehrheit anzuschließen, doch dieser Weg führt selten zum wahren Frieden.
  • Auch der Apostel Paulus ruft uns in Epheser 5,11 dazu auf, uns nicht an den „unfruchtbaren Werken der Finsternis“ zu beteiligen. Stattdessen sollen wir das Böse aufdecken, wo immer wir es sehen. Dies erfordert Mut und Achtsamkeit. Es bedeutet, nicht nur wegzuschauen, wenn Unrecht geschieht, sondern aktiv dagegen einzutreten.
  • Der Psalmist beschreibt in Psalm 1 den gesegneten Menschen als jemanden, der nicht den Rat der Gottlosen befolgt. Hier sehen wir die Bedeutung unserer Umgebung und unserer Entscheidungen. Der Weg des Gerechten beginnt oft damit, sich von schlechten Einflüssen fernzuhalten.

Es klingt so selbstverständlich, dass wir uns nicht zum Helfer des Bösen machen sollen. Und wer würde das von sich selbst behaupten? Aber genau in dieser trügerischen Sicherheit liegt die Gefahr.
Wer falsche Lehren unterstützt, macht sich mitschuldig an deren Folgen. Dies gilt auch für unser Leben: Wenn wir Unrecht unterstützen, sei es durch Schweigen oder durch direkte Beteiligung, tragen wir Mitverantwortung.

In der Offenbarung hören wir den Ruf, aus Babylon herauszukommen, damit wir nicht an den Sünden der Stadt teilhaben. Diese Worte fordern uns auf, uns von allem zu trennen, was uns in den Sog des Bösen ziehen könnte. Es ist ein Appell, in allen Lebensbereichen wachsam zu sein und uns nicht von falschen Werten leiten zu lassen.

Jakobus mahnt uns schließlich, dass Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist. Diese Worte erinnern uns daran, dass wir nicht gleichzeitig den Wegen der Welt und den Wegen Gottes folgen können. Wir müssen uns entscheiden, wem wir dienen wollen.

Diese biblischen Weisheiten laden uns ein, innezuhalten und über unsere Entscheidungen nachzudenken. Wo haben wir uns vielleicht unbemerkt in die Nähe des Bösen begeben? Welche Schritte können wir unternehmen, um uns wieder auf den richtigen Weg zu begeben?

In unserer heutigen Gesellschaft gibt es eine Vielzahl von Lehren und Weltanschauungen. Die Medien, das Internet und soziale Netzwerke bieten eine Fülle von Informationen, aber nicht alles, was dort verbreitet wird, ist wahr oder hilfreich. Es ist wichtiger denn je, wachsam zu sein und uns nicht von jedem Windhauch hin und her treiben zu lassen.

Es grüßt Sie

Munir Hanna
für das Evangeliumsnetz e.V.