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Ein Gedanke zu Weihnachten

„Am Himmel stand ein blasser Mond. Bleich. Als hätte er die Farbe der Toten angenommen, die unten, im Schlamm, im Stacheldraht, im Niemandsland lagen. Am frühen Abend des 24.Dezember 1914 war der britische Gefreite Frederick Heath so traurig wie an keinem anderen Tag. Nur das Quietschen der feuchten Stiefel war zu hören, ab und zu ein geflüsterter Befehl und der Wind, der über das fremde Land fegte.
Die Hände taten ihm weh von der feuchten Kälte. Er lehnte an der Wand des Schützengrabens. Er starrte durch eine Luke auf den Graben an der anderen Seite, etwa 200 Meter entfernt, dort, wo die Deutschen saßen, hinter aufgeschütteter Erde, die wie Grabhügel aussahen. Frederick Heath dachte an zu Hause, an die Lichter, die jetzt entzündet wurden in den warmen Zimmern. In Gedanken hörte er Weihnachtslieder, weit weg. Er fragte sich, warum er hier sei. Weil es jemanden geben müsste, sagte er sich, der die Häuser mit den warmen Zimmern verteidigt.

Weihnachten, das hatten er und so viele andere Soldaten geglaubt, als sie im Sommer 1914 trunken vor Euphorie an die Front marschierten, Weihnachten sollte der Krieg zu Ende sein. Aber Weihnachten ging gar nichts mehr an der Westfront, die vom belgischen Nieuwpoort an der Nordsee bis zur Schweizer Grenze im Süden reichte und an der sich Deutsche auf der einen, Belgier, Franzosen und Briten auf der anderen Seite gegenüberlagen.

Die Fronten waren erstarrt im Stellungskrieg. Die Soldaten gruben sich ein. Sie verkrochen sich in Gräben, die manchmal nur 20 Meter entfernt lagen von den Gräben der Gegner. Sie schossen, sie warfen Handgranaten. Sie rannten bei Sturmangriffen in den Kugelhagel. Sie starben. Kein Wunder, dass der britische Gefreite Frederick Heath nicht in Weihnachtsstimmung war.

Plötzlich jedoch sah er an jenem Weihnachtsabend auf der feindlichen Seite ein Licht aufflackern. „Ein Flackern in der Dunkelheit“, schrieb er. „Ein Licht an der feindlichen Linie zu dieser Zeit war so selten, dass ich es gleich meldete.“ Doch noch während er die Nachrichtvweitergab, ging an der deutschen Linie ein Licht nach dem anderen an. Und dann hörte er eine Stimme, eine deutsche. Ganz nah schien sie ihm, so nah, dass er sein Gewehr schussbereit hielt. „English soldier“, rief sie, „English soldier, a merry Christmas, a merry Christmas!“

„Überall an unserer Linie“, schrieb Heath, „hörte man Männer, die den Weihnachtsgruß des Feindes erwiderten. Wie konnten wir dem widerstehen, uns gegenseitig schöne Weihnachten zu wünschen?“
Sie begannen, mit den Deutschen zu reden, nicht ohne die Gewehre fest in den Händen zu halten. In dieser Weihnachtsnacht, in der sie Lieder hörten aus den deutschen Schützengräben und das Pfeifen von Flöten, in der die Briten mit Lachen antworteten und Weihnachtslieder aus ihrer Heimat sangen.

In dieser Nacht fiel kein Schuss. In der Dämmerung, als der Himmel grau und rosa wurde, da sahen sie ihre Feinde. Unbekümmert bewegten sich die Deutschen außerhalb der Schützengräben. Heath bewunderte den Mut. Es wäre geradezu eine Einladung an die Briten gewesen, abzudrücken. Aber sie schossen nicht. Sie standen auf und riefen Segenswünsche herüber zu den Männern, mit denen sie wenige Stunden zuvor noch gekämpft hatten um Leben und Tod.“

Liebe Leser, vor knapp 100 Jahren haben uns britische und deutsche Soldaten vorgemacht, warum es Weihnachten überhaupt gibt. Zwei Völker, die sich monatelang gegenseitig bis aufs Blut bekämpft haben, finden Frieden.
So viel Frieden, dass sogar berichtet wird, dass an machen Orten entlang der Front Fußballspiele zwischen Deutschen und Briten ausgetragen wurden. Ich habe irgendwo etwas von einem 3:2 für Deutschland gelesen…

Weihnachten ist Frieden. In dieser Geschichte aus dem ersten Weltkrieg waren es deutsche Soldaten, die als erste ohne Waffen aus den Schützengräben gestiegen sind.

In der wahren Weihnachtsgeschichte aus der Bibel ist es Gott, der sich schutzlos macht, weil er Frieden mit uns Menschen möchte. Gott kommt als kleines Kind auf die Welt. Kein Mensch ist schutzloser als ein kleines Kind. In diesem Jesus kommt Gott unbewaffnet.
Er will Frieden und er ist bereit, dafür sein Leben aufs Spiel zu setzen. Die Frage an Dich und mich lautet: Will ich weiterkämpfen oder will ich Frieden?

Weihnachten ist das Angebot an uns, an jeden persönlich, Frieden mit Gott zu schließen. Und so ein Weihnachten wünsche ich Ihnen.

Ihr
Manuel Stoll
für das Evangeliumsnetz e.V.