„Ich bin frei, also mache ich, was ich will.“ – Diese Haltung begegnet uns an vielen Stellen: in Werbeslogans, in Social Media, in Diskussionen über Politik oder wenn es um Identität geht. Jeder will Freiheit. Freiheit scheint das höchste Gut unserer Zeit zu sein.
Freiheit ist ein zentrales Element in den Gesetzen und Verfassungen der meisten Länder in dieser Welt. Aber wir wissen auch, dass die Umsetzung und der Umfang von Freiheiten unterschiedlich sind, wie auch das Verständnis davon, was Freiheit ist.
Aber was meinen wir eigentlich genau mit Freiheit? Was ist Freiheit für dich? Wann darf Freiheit aufhören?
Meistens geht es den Menschen um Autonomie – das Recht, sich selbst zu entwerfen, selbst zu bestimmen, selbst zu erfüllen. Freiheit als Raum ohne Einschränkung.
Doch ist das wirklich die Freiheit, die uns trägt, heilt, verbindet? Oder ist sie nicht oft ein missverstandener Begriff, der missbraucht wird, um rücksichtslose Selbstverwirklichung zu rechtfertigen? Am Ende geht es um das Recht des Stärkeren, solange bis ein noch Stärkerer kommt?
Viele Menschen übersehen, dass Freiheit etwas mit der Beziehung zu Gott und dem Tag der Befreiung zu tun hat.
Was uns die Freiheit nimmt
Warum fühlen sich so viele Menschen trotz aller Möglichkeiten unfrei?
Die Freiheit des Menschen bedeutet immer die Freiheit von etwas. Etwas, das einen hindert, blockiert oder bindet. Da wir als Menschen nicht quasi im luftleeren Raum hängen, bedeutet von etwas frei sein, gleichzeitig von etwas Neuem abhängig zu werden. Dieses Neue knechtet einen dann wieder, nachdem man eine Weile damit umhergelaufen ist.
Freiheit ist kein Dauerzustand. Keine Konstante. Im Laufe der Zeit verändert sich die Wahrnehmung von Freiheit und was bislang als Freiheit empfunden wurde, ist nicht mehr genug. Es wird Veränderung angestrebt und so wird die Grenze für das, was man als Freiheit empfindet, immer weiter ausgeweitet. So weit, bis man bewusst oder unabsichtlich die Freiheit anderer beschneidet. Und wenn man das mal kurz umdreht und gerade selbst von der Rücksichtslosigkeit der Freiheit der anderen Person betroffen ist, dann nimmt man eine Bedrohung der eigenen Freiheit wahr.
Aber Freiheit ist immer bedroht – von außen, von innen, manchmal ganz unspektakulär, manchmal dramatisch.
Wir erleben das im Alltag. Wenn z.B. Verpflichtungen uns erdrücken und kaum noch Raum lassen zum Atmen, wenn Ängste – vor dem Scheitern, dem Urteil anderer oder der Zukunft – uns innerlich blockieren, wenn wir in Süchten und Mustern gefangen sind, die wir rational erkennen, aber emotional nicht loswerden oder wenn Erwartungen an uns gestellt werden, die wir erfüllen wollen – oder zu erfüllen glauben müssen –, um geliebt und anerkannt zu sein.
Aber auch gesellschaftlich gesehen kann man es in vielen Ländern beobachten, wie sich Menschen von vermeintlich schlechten Strukturen befreien und in eine schlimmere Situation geraten, weil die Zerstörer des alten Systems sich nicht tief genug oder nur oberflächlich mit den eigentlichen Problemen beschäftigt haben. Auf dem Weg in die Freiheit, gerät man in eine noch schlimmere Situation als man vorher war.
Seit Adam und Eva scheint es bei den Menschen immer nur tiefer in den Schlamassel zu gehen. Immer tiefer in den Sog der Abhängigkeiten. Zuerst die innere Abhängigkeit von der Schuld, bis es nach außen in die deutlich sichtbaren körperlichen Abhängigkeiten geht und schließlich in die gegenseitige Versklavung und Unterdrückung.
Das alles, diese ganzen Abhängigkeiten und unsere Beschränktheit alles zu überblicken und unsere Sehnsucht nach Glück, raubt uns nicht nur äußere, sondern auch innere Freiheit – die Freiheit, ganz Mensch zu sein, in Wahrheit und Liebe.
Die Bibel beschreibt dieses Gefangensein nicht als Zufall oder etwas unvermeidliches, sondern als Folge eines tieferen Problems: unserer Trennung von Gott.
Denn es ist hier kein Unterschied: sie sind alle Sünder und mangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten
Römer 3, 23
Diese Trennung versklavt uns innerlich. Paulus beschreibt das eindrücklich:
Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes?
Römer 7, 24
und
Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.
Römer 7, 19
Das Gesetz Gottes, das ursprünglich Orientierung geben sollte, wird zur Anklage. Wir erkennen das Gute – und tun es nicht. Nicht, weil wir nicht wollen, sondern weil wir nicht frei sind. Sünde ist mehr als moralisches Versagen – sie ist eine Macht, die uns bindet. Das Gesetz zeigt uns unsere Schuld – aber es kann die Schuld nicht heilen.
So geraten wir in einen Kreislauf aus Leistungsdruck, Schuld und Selbstrechtfertigung – wie jemand, der im Treibsand um sich schlägt, um herauszukommen, und nur noch tiefer sinkt. Und genau das erleben wir auch in diesen Zeiten, wenn wir um uns schauen und genau beobachten, was um uns geschieht. Menschen versuchen ohne Gott etwas zu reparieren, wollen das Gute tun und machen es nur schlimmer, weil sie versuchen Feuer mit Benzin zu bekämpfen.
Der Mensch ohne Gott hat die Freiheit zur Zeit Jesu und Paulus als Zugehörigkeit zur Bürgerschaft verstanden. Daher verwendete Jesus in der Bergpredigt auch das Bild von der Zugehörigkeit zum Reich Gottes und Paulus immer wieder die Vergleiche zum himmlischen Bürgerrecht.
Kurz zum Hintergrund: Ein freier Bürger war damals etwas Erstrebenswertes. Ein freier Bürger konnte an politischen Entscheidungen teilnehmen und für ihn galten die Gesetze mit den Rechten und Pflichten. D.h., ein Bürger war kein Sklave und hatte die Freiheit vor willkürlicher Gewalt und Unterdrückung. Man gehörte zu einer Kultur, zu einem Stamm oder einem Teil einer Gesellschaft.
Aber wer sich gegen das Gesetz der Struktur, innerhalb dessen man sich bewegte, verstieß oder sich etwas zuschulden kommen ließ, musste mit den Konsequenzen der Verfolgung rechnen. Auch hier, innerhalb des Kreislaufs der Sünde, war es möglich sich noch tiefer hineinzubegeben.
Das Gesetz schützt, aber gleichzeitig verlangt das Gesetz auch eine Unterordnung und Bindung, da sonst ein Miteinander nicht funktionieren kann. Erfolgreiche Gesellschaften sind immer dann erfolgreich, wenn sie gute Gesetze haben, die von der Mehrheit auch eingehalten werden. Werden Gesetze und Regeln nicht eingehalten, zieht Chaos und Zerstörung ein.
Zerstörung und Chaos sind Werkzeuge oder Ausdrucksformen des Teufels. Der Teufel ist der Zerstörer von Ordnung, bringt Spaltung und führt die Welt zurück ins Chaos, aus der Gott einst Ordnung schaffte.
Gefangenschaft der Sünde – konkret erklärt
Jesus bringt es auf den Punkt:
Jeder, der die Sünde tut, ist ein Sklave der Sünde.
Johannes 8,34
Unser vermeintlich freies Leben wird oft von inneren Zwängen regiert: Begierden, Ängsten, Stolz oder der Suche nach Anerkennung. Der Versuch da herauszukommen, treibt uns immer schlimmer rein in die Sklaverei.
Ein Beispiel: Wer gerne Kartoffelchips oder Pistazien isst, weiß, wie schwer es ist, bei einer vollen Schüssel vor sich stehend dann bei nur einem Stück zu bleiben. Salz, Fett und Kohlenhydrate aktivieren das Belohnungszentrum im Gehirn. Kurzzeitig fühlen wir uns gut – und greifen erneut zu.
Dieses Muster findet sich auch bei Alkohol, Rauchen, Sportsucht, Spielsucht, Arbeitssucht, Ideologien oder sozialen Medien. All diese Dinge versprechen Glücksgefühle und Bestätigung, machen aber abhängig und bringen uns vom Eigentlichen weg.
Wer sich selbst beherrschen kann, hat die Möglichkeit, aus diesem Strudel zu kommen. Wer sich selbst nicht kontrolliert, wird beherrscht – von Dingen, die ihm nicht guttun. Aber um sich zu beherrschen und die Kraft zu bekommen aus dem Strudel der Abhängigkeiten zu kommen, braucht es Hilfe von außen.
Einen wichtigen Hinweis gibt Jesus dazu:
Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Matthäus 16, 24
Diese Selbstverleugnung, zu der Jesus aufruft, bedeutet nicht ein Selbsthass, sondern ist die Befreiung vom egozentrischen Leben. Das bedeutet, nicht mehr darauf schauen, was einem selbst glücklich machen könnte, sondern danach zu schauen, was Jesus möchte. Auch nicht so tun, als ob man sich um andere sorgen würde und damit die eigene Lebensideologie rechtfertigen. Nein. Es geht darum, ehrlich den Blick auf Jesus zu legen und zu schauen, was Gott gerecht ist. Durch dieses Nachfolgen, also tun, was Jesus für gut hält, verändern sich die Prioritäten im Leben und vieles wird nicht mehr so wesentlich, woran man sich bisher festgehalten hat.
Zur Freiheit befreit – durch Christus
Die gute Nachricht lautet: Jesus Christus hat diese Gefangenschaft – oder auch anders ausgedrückt: Abhängigkeiten – durchbrochen! Jesus hat die Sehnsucht der Menschen nach Freiheit ernst genommen – aber auf eine Weise, die uns heute oft befremdet: Er stirbt, um frei zu machen. Und er lebt, um frei zu machen. Aber eben nicht einfach zur Selbstverwirklichung, sondern zur Hinwendung an den lebendigen Gott.
Hier einer der wichtigsten Verse zum Thema Freiheit:
Christus hat uns befreit, damit wir als Befreite leben.
Galater 5, 1
Dieser kurze Satz klingt so fromm und nichtssagend. Doch dieser Satz ist eine kurze Formel mit einer gewaltigen Tiefe und viel Inhalt.
Jesus starb am Kreuz und hat die Schuld der Menschheit getragen und die Macht der Sünde gebrochen. Dadurch entsteht überhaupt erst die Freiheit sich von den Dingen zu entbinden, die schlecht für die Beziehung zwischen dem Menschen und Gott ist.
Die Freiheit, die Jesus schenkt, bedeutet nicht, dass dann alles egal ist. Es ist die Freiheit, nicht mehr leisten zu müssen, um überhaupt wertvoll zu sein.
Haben der antike Mensch damals und der moderne Mensch heute ohne Gott ein ziemlich materielles Bild von Freiheit, kommt durch Jesus eine neue Dimension von Freiheit. Diese zeigt uns, dass irdische Zusammenhänge für unser Glück nicht mehr wichtig sind, weil unser dauerhaftes und ewiges Glück in einer anderen Welt ist.
Aber Achtung! Das bedeutet nicht, dass was auf dieser Welt von uns verlangt wird, unwichtig ist und wir uns nicht mehr an Gesetze und Regeln halten müssen. Nein. Es bedeutet, wir sind frei von Schuld vor Gott. Auch wenn wir Gesetze dieser Welt und Gottes Gebote nicht einhalten können, weil es unmöglich ist alle Regeln einzuhalten, so ist jeder vor Gott freigesprochen, der sich Jesus unterwirft und ihm nachfolgt.
Wenn euch der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.
Johannes 8,36
Diese Freiheit ist kein „kannst-du-alles“, sondern ein „musst-du-nicht-mehr“. Du musst dich nicht mehr verstecken. Du musst dich nicht mehr beweisen. Aber du darfst leben – in Beziehung mit Gott.
Daher ist der Karfreitag ein Tag der Erinnerung an die Kreuzigung Jesu. Das ist kein Mahnmal, sondern ein Freudentag, weil es der Tag der Befreiung ist. Befreit von den Dingen, die einen fest gekettet haben. Frei vom Einflussbereich des Teufels.
Am Kreuz trägt Christus deine Schuld. In unseren Kalendern ist das der „Karfreitag“ als Erinnerung hinterlegt. Und Ostern ist der Beweis dafür, dass die Trennung durch die Schuld nicht mehr nötig ist. Der Tod, als Preis der Schuld gegenüber Gott, hat mit der Auferstehung Jesu nicht mehr das letzte Wort.
Die Folgen der Freiheit
Die Folgen der Freiheit hatte Martin Luther ziemlich radikal formuliert:
Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.
Wie oft wurde diese Aussage zur „Freiheit des Christenmenschen“ missbraucht und der zweite Teil der Aussage ausgeblendet? In unserer Zeit auch immer wieder gerne als letztes Argument benutzt, um letztlich den eigenen Egoismus zu rechtfertigen. Aber Freiheit bedeutete für Luther nicht Selbstverwirklichung, sondern Hingabe. Christus zuerst – daraus wächst Liebe und Dienst.
Bonhoeffer formulierte es so:
Freiheit ist nicht das, was ich mir nehme, sondern was mir geschenkt wird in der Begegnung mit Christus.
Freiheit sich zu nehmen, ohne jede Bindung, führt zu Haltlosigkeit – und die endet oft in Einsamkeit, Leere oder Orientierungslosigkeit und Chaos.
Moderne Freiheit wird oft mit Grenzenlosigkeit verwechselt. Doch wer alles darf, muss auch alles können. Das erzeugt Stress, nicht Frieden.
Echte Freiheit ist nicht grenzenlos, sondern gebunden an die Liebe Gottes. Jesus sagt nicht: „Mach, was du willst“, sondern: „Folge mir nach.“ Und das ist der Weg in die tiefste Freiheit – weil er uns zu dem führt, der uns wirklich kennt und liebt.
Was bedeutet das praktisch?
Die Freiheit in Christus ist kein Freibrief, sondern eine neue Lebensweise. Es bedeutet frei von Schuld zu sein. Die Vergangenheit belastet nicht mehr. Auch frei von Angst. Der Tod hat keine Macht mehr. Und schliesslich: Frei zum Dienen: Liebe statt Selbstzentrierung.
Ihr seid ja zur Freiheit berufen, liebe Geschwister! Nur benutzt die Freiheit nicht als Freibrief für eure eigenwillige Natur, sondern dient einander in Liebe.
Galater 5, 13
Christliche Freiheit bedeutet, aus einer neuen inneren Haltung zu leben – nicht aus Zwang, sondern aus Liebe. Sie ist keine psychologische Selbstoptimierung, sondern eine Herzensveränderung durch Gottes Gnade.
Jesus ist nicht gekommen, um uns bei der Selbstverwirklichung zu helfen oder uns ein tolles Leben auf dieser Erde zu ermöglichen. Er ist gekommen, um uns neu zu machen. Wahre Freiheit ist nicht Unabhängigkeit von Gott – sie ist die Abhängigkeit vom Einen, der uns wirklich frei macht: Jesus Christus.
Lass dir diese Freiheit nicht nehmen – und verwechsle sie nicht mit der Fälschung, die dich nur tiefer in dich selbst einsperrt und von Gott wegbringt.
Ihr
Munir Hanna
für das Evangeliumsnetz e.V.